Samstag, 8. August 2015

Fazit

Mit ein paar Tagen Abstand zu den Erlebnissen möchte ich für mich ein Fazit der Tour ziehen. Vielleicht ist dies dem einem oder anderen hilfreich bei der eigenen Planung einer größeren Tour in fremde Länder auf zwei Rädern.

1. Streckenplanung
.... Ist wichtig und steigert die Vorfreude.
So kann man es kurz und knapp zusammenfassen.
Meine Frau wird sagen, ich hätte mit Planungen der Strecke mindestens so lange am PC gesessen, wie später auf dem Motorrad.
Dies stimmt zwar so nicht, aber der Planungsaufwand war für mich als "Neuling" unter den Fernreisenden durchaus nicht unbeträchtlich.
Nachdem ich einen ersten Planungsentwurf der Strecke gemacht hatte, habe ich Stefan in der Mittagspause besucht und ihm diesen vorgelegt.
Stefan war in den Jahren zuvor schon mehrfach mit der Familie im Wohnwagen nach Kroatien gereist, allerdings noch nicht bis weiter als nach Mitteldalmatien vorgedrungen.
Ihm war lediglich daran gelegen, einen Aufenthalt in Dubrovnik zu haben, um wenigstens einen Tag in dieser schönen Stadt zu verbringen. Dies musste ich also bei meinen Planungen berücksichtigen.

Da es mein besonderer Wunsch war, die "geteilte Stadt" Mostar in Bosnien zu besuchen, ließ sich dies mit Stefans Präferenz gut zusammenbringen. Beide Städte liegen nur rund 150 km auseinander entfernt , so dass es möglich war, mehr als einen halben Tag in Dubrovnik zu verbringen.

Für die  Anreise bis an die Magistrale hatte ich eineinhalb Tage eingeplant. Demnach war am ersten Tag eine größere Anreise über die Autobahn bis ins südliche Kärnten vorgesehen.
Die restlichen Etappen beliefen sich auf rund 300 km pro Tag (mit Ausnahme der Strecke zwischen Mostar und Dubrovnik).
Die Gesamtstrecke bis nach Igoumenitsa in Nordgriechenland lag bei rund 2400 km. Autobahnen waren nach Österreich bei meinen Planungen tabu.
Geplant habe ich mit Basecamp und den neuesten Karten von Garmin. Diese waren Bestandteil meines garmin zumo 660, welches ich zusammen mit der BMW im Vorjahr erworben hatte.

Parallel dazu hatte ich am PC immer Google Earth geöffnet, um mir die ausgewählten Routenpunkte besser visualisieren zu können.
Als Garmin- und Basecamp-Neuling brauchte ich einige Zeit, um mich damit zurecht zu finden.

Ärgerlich war, dass nach einem Basecamp-Update sämtlich vorgeplante Strecken gelöscht waren und ich alles nochmal neu machen musste.

Sehr hilfreich waren die vielen Tipps aus dem BMW GS Forum und einem Kumpel, der eine ähnliche Strecke schon 2013 gefahren war. An dieser Stelle nochmal Dank an alle, die mir hier zur Seite gestanden haben.
Neben dem Navi hatte ich von allen Streckenabschnitten südlich von Österreich auch Kartenmaterial, was immer ein unverzichtbares "Backup" darstellte.
Grundsätzlich wäre die Reise auch nur mit Karten möglich gewesen. Ich erinnere mich aber an eine unscheinbare Stelle in Montenegro am Stadtrand von Kotor, wo sich der Abzweig hinauf auf den Lovcen-Pass befand. Nicht ein Hinweisschild stand hier. Und auf der Karte war dies auch nicht verzeichnet. Ich weiß nicht, ob es noch einen anderen Abzweig gibt, diesen hätten wir nur mit unserer Karte nicht gefunden. Dennoch war das Fahren mit Navi ohne Ansage der Strecke gewöhnungsbedürftig und hat nicht immer an den Abzweigungen beim ersten Versuch geklappt.

2. Persönliche Vorbereitungen
Ich fahre seit 1991 Motorrad und bin bis 2005 regelmäßig um Pfingsten Mehrtagestouren bis nach Südtirol gefahren. Erfahrungen mit größeren Touren waren also nicht wirklich vorhanden.
Nach einem kleineren Motorradunfall 2005 habe ich für 4 Jahre mit dem Biken pausiert, um mir dann zunächst eine alte 650er Suzuki als Wiedereinstieg zuzulegen.
Mit der Freewind bin ich aber keine Touren mehr gefahren. Zu schwach und langsam für größere Strecken hatten mich davon abgehalten.
2014 habe ich dann die reisetaugliche GS angeschafft, war allerdings mit Ausnahme einer größeren Tagestour im Herbst keine längeren Strecken damit gefahren. 
Da ich nun keine 25 mehr bin und ich mich mit ständigen Rückenbeschwerden und schon mit einem Bandscheibenvorfall rumplagen musste, galt diesem Umstand ein besonderer Augenmerk.
Ich bin in den Wochen und Monaten vor der Tour gezielt die Schwachpunkte an meinem Rücken angegangen.
Dank gezielter Physiotherapie und entsprechendem  Muskelaufbautraining bin ich auf der Tour problemlos zurecht gekommen. 
Dies wäre ohne den gezielten Einsatz meiner Physiotherapeutin nicht möglich gewesen. Danke dafür,  Helena!
Stefan hat im Gegensatz zu mir immer wieder mit Verspannungen im Nacken zu kämpfen gehabt.

Für eine allgemeine körperliche Grundfitness hatte ich vorher noch durch regelmäßige Waldläufe gesorgt. Dies hat sich bei den körperlich belastenden Fahrten in großer Hitze sicher auch bezahlt gemacht.
Tja, an dieser Stelle muss ich auf dann meinen tatsächlichen "Malus" zu Sprechen kommen.
Mir war bekannt, dass ich einen Stein in meiner linken Niere hatte. Noch im Frühjahr hatte ich ein CT bei meinem Urologen machen lassen. Wir waren beide übereingekommen, den Stein dort zu belassen.
Im Nachhinein ein Fehler. Aber hinterher ist man immer schlauer.

3. Absicherung , Versicherung
Ich hatte die Fahrzeugversicherung meiner GS vor der Tour von Teilkasko (Diebstahl, Unfallschäden durch Wild) auf Vollkasko "upgegradet". War Gottseidank nicht nötig, machte aber ein gutes Gefühl.
Wie wichtig und unverzichtbar eine Auslandskrankenversicherung und ein guter Schutzbrief sind, kann ich nun aus eigener Erfahrung berichten.
Meine Maschine wird per Spedition zurückgeführt und meine Heimreise beginnend von der Abholung an der Ferienwohnung auf Korfu bis an die eigene Tür zu Hause geregelt.
Die Krankenversicherung hat mir die Behandlung und Unterbringung in einer Privatklinik in Korfu-Stadt ermöglicht. Ich fühlte mich hier gut behandelt und aufgehoben. Wer immer noch glaubt, er braucht das nicht, dem kann ich berichten, dass sich die griechischen Ärzte selbst die simpelsten Leistungen königlich vergüten lassen. Meine "Erstbehandlung" vor der Krankenhauseinlieferung hat alleine ein kleines Vermögen gekostet. Ich habe für einen Hausbesuch mit einer  körperlichen Untersuchung inkl. Fiebermessen, einem Urinschnelltest und einer Spritze gegen die Schmerzen sage und schreibe 350 Euro vorlegen müssen. Im Preis enthalten war noch die "telefonische Überweisung" in die Klinik. Prost Mahlzeit, sage ich da nur !

4. Technik/Ausrüstung
Die GS war mit den Variokoffern und dem großen Topcase sehr gut reisetauglich. Für den großen Koffer rechts hatte ich eine original BMW Innentasche. Damit gibt es beim Be- und Entladen kein Gefummel. Der original BMW Tankrucksack war mit seinem Reißverschluss nach den Betankungen etwas zu fummelig wieder anzubringen. Da gibt es bessere Lösungen.
Als Reifen hatte ich vor der Tour den neuen TKC 70 von Conti aufziehen lassen. Auf Schotter sicher etwas besser als die mehr straßenorientierten Reifen.
Mit der vollbepackten GS war der TKC 70 auf der Schnellstraßen beginnend ab 120 km/h eine reine Katastrophe. Der Bock begann vorne zu Pendeln, was das Zeug hielt. So etwas geht aus meiner Sicht heutzutage nicht mehr. Nicht alle GS-Fahrer haben dieses Problem. Bei mir war es einfach nur sch.....
Wer Solo und ohne Gepäck unterwegs ist, hat mit dem Conti einen guten Reifen, der einen super Grip auch bei nassen Bedingungen bietet. Auf dem teils recht schlechten Belag in den südlicheren Streckenabschnitten war er genauso überfordert, wie andere Grobstoller auch. Einmal ist er mir übel inMontenegro  auf einer Fahrbahnmarkierung unvermittelt weggeschmiert. Weiß der Teufel, was da los war.
Für mich ist klar, dass der Reifen zur nächsten Saison gegen ein anderes Fabrikat getauscht wird.

Von einem guten Freund mit reichlich Langstreckenerfahrung auch in wärmeren Regionen bekam ich den Tipp mir eine leichte Protektorenjacke aus dem Motocross-/BMX-Sport anzuschaffen und diese mit einem Crosshemd anstatt der Motorradjacke zu tragen.
Ich hatte mir zwar schon eine leichte, sommertaugliche Kombi mit heraustrennbaren Inlays für Regen und Thermo angeschafft. Beide Inlays hatte ich zu Hause gelassen und stattdessen eine zusätzliche Regenjacke und -Hose dabei. Sollte es wirklich mal dauerhaft regnen, bleibt die Außenhaut der Kombi nass und man bekommt sie bis zum nächsten Tag meist nicht trocken. Dann lieber schnell Regenklamotten drüberwerfen. Gebraucht habe ich die Regensachen aber nicht.

Die obengenannte Kombination mit der Protektorenjacke war "Gold" wert.
Geschwitzt habe ich zwar auch. Aber mit einem Funktionsshirt unter den Protektoren war ich auch schnell wieder trocken.
Stefan hatte da richtig zu leiden mit seiner sicherlich guten Goretex-Kombi.

In Sachen Ersatzteile hatte ich eine ergänzte Standardausrüstung dabei. Ich hatte das Bordwerkzeug von BMW mit zusätzlichem Werkzeug zum Radwechsel aufgewertet. Dazu kam noch ein hochwertiges Reifenflickset. Auf dieses würde ich wahrscheinlich in der von uns befahrenen Region künftig verzichten, da es an jeder Staßenecke einen "Vulkanizer"'gab.
Ein Ersatzlampenset kam bei mir zum Einsatz, eine mitgeführte Warnweste wurde nicht kontrolliert.
Motoröl hatte ich dabei. Der 0,5 l Vorrat ließ sich mit Klettband im zerklüfteten linken Variokoffer unterbringen. Gebraucht habe ich ihn nicht, da ich ja "nur gut 2500 km" gefahren bin.

In Sachen zusätzlicher Diebstahlsicherung hatte ich noch überlegt, aber dann doch darauf verzichtet. Wenn jemand unbedingt ein Motorrad klauen will, dann hält ihn auch keine zusätzliche Kette oder Disc-Schloss auf.
Weit wichtiger ist hier im Vorfeld die Auswahl der Unterkünfte.

5. Auswahl und Buchung der Unterkünfte 
Ein zentrales Thema.
Für mich war klar, an einigen Orten Unterkünfte vorauszubuchen. Dies macht vor allem dann Sinn, wenn man sein Tagesziel gut erreichen kann aber abends keine Zeit oder Nerv mehr hat, eine Unterkunft zu suchen.
So machten wir es am ersten Abend in Kärnten. Nach 800 km Fahrt bei großer Hitze und mehreren Staus, waren wir froh nicht mehr suchen zu müssen.
Vergessen darf man hier auch nicht, dass wir in der Hauptreisezeit unterwegs waren!

Die nächsten zwei Unterkünfte in Kroatien direkt an der Küste suchten wir uns spontan, wobei ich ein Augenmerk auf die Pansion Berto in Crikvenica gelegt hatte, die wir zwar nicht vorausbuchten aber dann doch ausgewählt hatten. Die Unterkunft war einfach und günstig. Die Bewirtung freundlich und gut.
Die nächste Unterkunft suchten wir uns spontan direkt an der Adria gelegen in Pirovac kurz vor Sibenik. Bei nur zwei Reisenden geht das auch in der Hauptsaison.
Die Vorausbuchung in Mostar in der Villa Anri hat sich alleine wegen der zentralen Lage bezahlt gemacht. Dazu eine gute Ausstattung und ein toller Service. Das Haus war mit uns voll belegt!

Dubrovnik sollte man in der Hauptsaison immer vorausbuchen, wenn man eine zentrale, altstadtnahe Unterbringung wünscht.
Hier haben wir mit Abstand am meisten bezahlt, hatten dafür aber auch einen Stellplatz für die Bikes ( nur vor dem Haus an der Straße ), denn Parkplätze in Dubrovnik sind teuer und immer Mangelware.
Eigentlich wollten wir das Hotel in Durres in Albanien auch erst vor Ort aussuchen.
Auf Grund unserer Erfahrungen der Vortage entschieden wir aber, das abends vorher online über ein Hotelbuchungsportal zu erledigen.
Auch diese Entscheidung war goldrichtig, denn mit mehr als 300 km und zwei Grenzübergängen  kamen wir erst mit beginnender Dämmerung in der zentralen Hafenstadt Albaniens an.
Jetzt erst ein Hotel zu suchen, wäre ziemlich blöd gewesen.
Die Auswahl der vorher gebuchten Unterkünfte erfolgte entweder durch persönliche Erfahrungen anderer Biker (Crikvenica, Mostar), bzw. anhand von Bewertungen der Buchungsportale.

Unsere Motorräder standen mit Ausnahme von Dubrovnik immer sicher. 

6. Persönliche Erfahrungen
Auch wenn ich meine Reise nicht wie gewünscht beenden konnte, werde ich sie als sehr positive Erfahrung in Erinnerung behalten. 
Wir sind unterwegs fast ausnahmslos netten, hilfsbereiten Menschen begegnet. Mal abgesehen von dem mitunter merkwürdigen Verkehrsverhalten im Süden Europas haben wir uns nie unsicher gefühlt. Hier ist natürlich auch von Belang zu zweit unterwegs gewesen zu sein. So kann beispielsweise nach dem Tanken immer einer bei den Maschinen bleiben, während der zweite bezahlt hat.
Ein Team aus zwei sich gut verstehenden Fahrern ist dazu ideal. Erstens kann man sich gegenseitig absichern und im Pannenfall ist einer nicht auf sich alleine gestellt. Zu zweit findet man immer eine Unterkunft und in den Lokalen gibt es auch immer einen Tisch.
Wir sind unterwegs immer wieder mal Motorradgruppen begegnet, die mit 4 oder mehr Motorrädern unterwegs waren. Das schränkt die Spontanität und die Auswahl der Unterkünfte sehr ein. Außerdem müssen hier alle fahrtechnisch auf einem Level sein, sonst kann es schnell Probleme geben.

Die von mir geplanten Tagestouren waren machbar aber bei solch hohen Temperaturen doch ambitioniert.
Wir haben zum Trinken recht häufig angehalten und hätten zum Fotografieren noch viel häufiger stoppen müssen. So war es doch das ein oder andere Mal schon ein wenig Hetze bei Tageslicht anzukommen.
Dies war für mich unabdingbar: Fahren nur bei Tageslicht. Bei Dunkelheit wären wir wegen der teils sehr maroden Straßen vielleicht nicht soweit gekommen.

Die gemeinsame Tour hat ungemein viel Spaß gemacht. Ich bin Stefan dankbar, dass er mich begleitet hat. Wenn man bedenkt, dass wir bis dahin noch nicht einen gemeinsamen Kilometer auf dem Motorrad gefahren sind, hätte man durchaus Zweifel haben können, ob wir gut miteinander harmonieren. Da wir aber beruflich schon gemeinsam durch "dick und dünn" gegangen sind, kamen für mich nie Zweifel deswegen auf. Genauso ist es dann auch gekommen.
Etwas niedrigere Temperaturen und es wäre perfekt gewesen.
Auch der Hinweis, dass die Magistrale im Hochsommer zu stark befahren ist, hat sich in weiten Teilen nicht bestätigt. 
Die Grenzübergänge haben jedoch mehr aufgehalten, als vorher angenommen. Als Mitteleuropäer, der sich ausschließlich im Schengenraum ohne Grenzkontrollen aufhält, war das sehr gewöhnungsbedürftig. Aber die meisten Grenzbeamten waren sehr freundlich und haben uns eine gute Reise gewünscht. 

Schlussendlich möchte ich meiner Frau und meinen Eltern danken, dass sie das alles klaglos mitgemacht haben. Sie haben sich auf unserer Tour immer so ihre sorgenvollen Gedanken gemacht. Motorradfahren per se ist schon nicht ganz ungefährlich. Es ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, wenn sich einer in Länder aufmacht, aus denen gute Nachrichten nicht oft zu hören sind und dass das alle einfach hinnehmen.
Niemand hat versucht, mir die Tour auszureden (das hätte auch keiner geschafft).

Ich bin froh gefahren zu sein.

Und es ist ja (fast) alles gutgegangen....